Image Principale
Die Geometrische Verankerung von Prothesen

5.1.1. SchÀfte AlloClassic

5.1.1.1. Die Fehler mussten korrigiert werden

Wie in EinfĂŒhrung 1 erwĂ€hnt, waren all die persönlichen Beobachtungen wĂ€hrend meiner Mitarbeit bei den Implantationen der ZweymĂŒller-SchĂ€fte der ersten Generation sowie die Kritiken der Benutzer, die mir von den Klagen ihrer Patienten berichteten, Auslöser fĂŒr die Entwicklung der Serie der AlloClassic-SchĂ€fte.

Einige Benutzer, darunter langjĂ€hrige persönliche Freunde, bedauerten mir gegenĂŒber, diese Technik aufgeben zu mĂŒssen, da sie sie ihren Patienten gegenĂŒber fĂŒr unvertretbar hielten.

Zur Lösung der meisten wĂ€hrend der Operation auftretenden Schwierigkeiten und zur Zufriedenstellung der Patienten schlug ich eine komplette Erneuerung des Systems der ZweymĂŒller-Prothesen vor, wohlwissend, dass ich dabei mein vor ein paar Jahren an der wissenschaftlichen FakultĂ€t von Paris absolviertes Mathematik- und Informatikstudium anwenden konnte.

5.1.1.2. Die erste mathematisch gestaltete HĂŒftprothese

Ich wußte, wie ich, ohne Beteiligung von außen, bisher unveröffentlichte Theorien aufstellen und durch Berechnung bestimmte Implantate von A bis Z konzipieren konnte. Bei der Herstellung könnte ich deren Koordinaten, Werte und definitive Ergebnisse, die keine zusĂ€tzliche Ausarbeitung erforderten, ĂŒbertragen.

Zur Anstellung dieser Berechnungen konnte ich auf die damaligen Superrechner, Control Data 6600 und dann CRAY-One, einer großen Forschungseinrichtung zugreifen.

Meine Methode unterschied sich grundlegend von der C A D, einem rechnerunterstĂŒtzten auf Zeichnen basierendem Konzept.

Dank meines Informatiksystems konnte ich eine komplette Berechnung neu erstellen, solange ich mit den Ergebnissen nicht vollkommen zufrieden war. So war es mir möglich, etliche Serien von VersuchsschĂ€ften zu berechnen, ohne dass ich zum Erhalt der endgĂŒltigen Version technische Zeichnungen oder materielle Prototypen benötigte. Zur Realisierung der AlloClassic-Prototypen wurde die 37. Version und Neuberechnung aller Koordinaten verwendet.

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Prototyp AlloClassic von 1984

Diese seit 40 Jahren unverÀnderte Version diente zur Herstellung aller AlloClassic-SchÀfte.

In wenigen Wochen wurden die Prototypen aller GrĂ¶ĂŸen und der entsprechenden Raspeln realisiert. Am 18. Dezember 1984 tĂ€tigten wir im Anatomielabor eines großen Wiener Krankenhauses ausgedehnte Implantationsversuche an zehnten von Oberschenkelknochen, um die ZweymĂŒller-SchĂ€fte der ersten Generation objektiv mit den Prototypen der neuen AlloClassic-SchĂ€fte und ihren Implantations- und DiaphysenfĂŒllungsqualitĂ€ten vergleichen zu können.

Nach der Vorbereitung und Implantation wurden die Oberschenkeldiaphysen mit Schaftimplantationen der ersten Generation und AlloClassic-Prototypen lĂ€ngs in zwei HĂ€lften gesĂ€gt und ich fotografierte alle Muster. Professor ZweymĂŒller zeigte sich im Hinblick auf die Unterschiede und Ergebnisse sofort erstaunt. Man entschied sich fĂŒr diese Version und ich entwickelte zur Einleitung der Serienproduktion die Details weiter.

Die serienmĂ€ĂŸige Herstellung und Kommerzialisierung dieser Serie fand erst zwei Jahre spĂ€ter, im Jahr 1986, statt. AD insĂ©rer photo os en coupe

5.1.1.3. Das Intermezzo des sogenannten “hochgezogen” Schaftes

Aus mir unbekannten GrĂŒnden zog das Unternehmen Sulzer die Entwicklung einer minimal geĂ€nderten Version der SchĂ€fte der ersten Generation vor. Der Unterschied bestand darin, die 4 zylinderförmigen schrĂ€gen Rillen nahe der Verankerungszonenkanten abzuschaffen und dann vertikale Linien zu ziehen, um die zentrale Verdickung der Verankerungszone bis zur Halsschnittebene zu verlĂ€ngern. Diese Version wurde in der Öffentlichkeit als “Hochgezogen” bezeichnet.

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ZweymĂŒller SchĂ€fte von 1980 mit konvergierenden Rillen und flacher proximaler Zone und ZweymĂŒller SchĂ€fte von 1985 "hochgezogen"

5.1.1.4. Das Problem der Lasermarkierung

Ich hatte die Produktion vorher auf das Risiko der SchwÀchung des mechanischen Widerstands der hochgezogenen SchÀfte durch die Lasermarkierung inmitten eines sehr flachen Bereiches unterhalb des Halses aufmerksam gemacht.

Meine Studie aus dem Jahr 1969, in der Ophtalmologie-Abteilung des MilitĂ€rkrankenhauses Val-de-GrĂące, ĂŒber die Wirkungen des ersten medizinischen Lasers auf der Netzhaut hatte unerwartete Wirkungen gezeigt.

Der Stereoretinograph von Carl Zeiss zeigte, dass, wenn der Laserstrahl wegen einer zu starken Konvergenz vor der Netzhaut gebĂŒndelt war, winzige WĂ€rme- oder gar Explosionskugeln dort, wo die Konzentration des Laserstrahls am stĂ€rksten war, in dem Glaskörper aufgetreten waren.

Es vergingen fast zwei Jahre, bis dieses technologische Problem an den „Hochgezogenen“ SchĂ€ften auftrat und mein Entwurf der zweiten Generation der AlloClassic-SchĂ€fte nach einer Krisensitzung aller Manager des Unternehmens AlloPro dringend wieder aufgenommen wurde.

Im Titan der SchÀfte war dieses PhÀnomen von Markierungslasern vorhersehbar, die wesentlich stÀrker als ophtalmologische Laser waren. Der unter der MetalloberflÀche konzentrierte Laserstrahl brachte das Metall entlang der Markierung zum Schmelzen, die Titanlegierung kristallisierte sich in amorphes Metall um und zerstörte so seine fundamentalen Schmiedemetalleigenschaften.

Aber wie schön war doch die glÀnzende Markierung!

Diese Markierung befand sich leider an der dĂŒnnsten Stelle, die den Belastungen am Hals von vorne nach hinten ausgesetzt war. Mehrere Dutzend SchĂ€fte zerbrachen genau entlang der Markierung. Deshalb wurde diese Prothese schnell aus dem Verkauf gezogen.

Erst Ende des Jahres 1986 wurde mein Entwurf der AlloClassic-SchĂ€fte von dem Unternehmen SULZER in großer Serie hergestellt. Bis heute habe ich von keinem Schaftbruch erfahren. SpĂ€ter im Laufe meiner fĂŒnfzehnjĂ€hrigen stĂ€ndigen Teilnahme an den Normalisierungs-comittees unterstĂŒtzte ich stets die Positionierung der Lasermarkierungen an den Bereichen, die keinen Belastungen ausgesetzt sind.

5.1.1.5. Die geometrische Verankerung von AlloClassic

Der im Jahr 1984 berechnete AlloClassic-Schaft besaß noch nicht alle Vorteile, die die Entwicklungen, die ich spĂ€ter zur geometrischen Verankerung hinzufĂŒgte, mit sich brachten.

Er erfĂŒllte bereits kompromisslos die Prinzipien der konischen Kupplung im Knochen (2.3.), der PrimĂ€rstabilitĂ€t (2.2.), des KnochenvitalitĂ€tsbereichs (2.4.), der Belastungsverteilung (2.5.), der Vorbelastung (2.6.) und das Prinzip der Ausziehbarkeit (2.8.).

Die optimierten GrĂ¶ĂŸen (3.2.) der AlloClassic-Serie wurden mit der Methode der Wachstumsfaktoren (3.1.) berechnet, ihre Verankerungszone wurde wie die Pyramidenbasisform (4.2.) konstruiert. Die Schaftserie wurde mit Hilfe der Methode der Dickekorrekturen (4.8.) berechnet und erfĂŒllte das Prinzip der Aufsteigenden Einschachtelung (4.7.).

Alle LĂ€ngskanten aller GrĂ¶ĂŸen der AlloClassic-Serie besitzen dieselbe konstante Rundung von etwa 1mm. Sie sind noch nicht in einer Formel zusammengefasst, werden jedoch bei der Herstellung definiert.

Die schwere Methode des Kalkarpolynoms und die Verfahren der Trennungsfunktion, der Einschlagreserve und der berechneten SchrÀgkanten wurden spÀter entwickelt und nutzten dem SL-Plus-Schaft.

5.1.1.6. Die Hyperbel der Kalkarkurve

Ein interessantes charakteristisches Merkmal dieses AlloClassic-Schaftes stellt die mathematische Kurve dar, die ich fĂŒr den Übergang zwischen der Verankerungszone und dem Hals als Ersatz fĂŒr die ĂŒblichen Kreisbögen verwendete.

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Calcar-kurve P-9 in Hyperbelbogen, auszug der Patent

Die Verankerungszone ist durch einen Hyperbelbogen, dessen regelmĂ€ĂŸige KrĂŒmmungsabweichung eine ausgezeichnete erste Modellierung der inneren Medialform des Proximaloberschenkelknochens darstellt (Patent 9.8.1.), mit der Basis des geradlinigen zylinderförmigen Halses verbunden.

Die geringe Anzahl von Konkflikten mit dem Calcar ist einer der GrĂŒnde fĂŒr die gute Anpassung dieses Schaftes an die große FormverĂ€nderlichkeit der femorale Proximalbereiche.

Dank dieser Eigenschaften werden die AlloClassic-SchÀfte, seit 39 Jahren unverÀndert, derzeit durch den Konzern ZIMMER vertrieben und stellen noch immer mehr als zweihundert Operateure zufrieden.

Werbung 2003:

Quellen dieser Werbung: www.zimmer.com/web/enUS/pdf/Alloclassic_Hip_System_Brochure_1001-25-011_11_03.pdf http://www.zimmer.com/web/enUS/pdf/Alloclassic_Hip_System_Brochure_1001-25-011_11_03.pdf

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Entsprechende Patent: Patent Schaft AlloClassic

NÀchste Implantat: SchÀfte SL-Plus

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