2.9. Das Trennungsprinzip der Rollen der Mmodule
2.9.1. Zusammenfassung
Es handelt sich um ein allgemeines Prinzip, das möglichst weitgehend angewandt werden soll, sowohl bei der Konzeption eines Implantatsystems, als auch beim Implantationsprozess.
In einem System von Modularprothesen, ganz gleich, welcher Modularitätsstufe, muss jeder Bestandteil in seiner eigenen Funktion optimal genutzt werden.
Ist ein spezifischer Bestandteil zur Erfüllung einer Sekundärfunktion verfügbar, sollte diese Sekundärfunktion auf keinen Fall von einem Bestandteil übernommen werden, der für eine bereits definierte Funktion vorgesehen ist.
Dieses Prinzip wird auf die Wahl, die Ausrichtungen und Einstellungen der Bestandteile angewandt. Einige Beispiele werden in der Entwicklung des Prinzips genannt.
2.9.2. Prinzip der Funktionstrennung bei den Bestandteilen eines Implantats
Dieses Prinzip muss bei der Entscheidung über die Bildung unabhängiger Module, aus denen ein Implantat zusammengesetzt ist in Erinnerung behalten werden. Dieses Prinzip muss auch bei der Implantation befolgt werden, um zu verhindern, dass ein Bestandteil eine ihm nicht zugewiesene Funktion übernimmt. Sind mehrere Bestandteile oder Einstellungsmöglichkeiten verfügbar, sollte man sich nacheinander bemühen, die Haupteigenschaft jedes Bestandteils nach der Baumstrukturlogik maximal zu nutzen.
2.9.3. Beispiel der konstanten Hälse und der Köpfe
Die Länge des Metallhalses ist bei allen Schaftgrößen fast aller Prothesen konstant geblieben, lange nachdem die modularen Prothesenköpfe, die mehrere Halslängen ermöglichten, auf dem Markt erschienen. Die Operateure waren statistisch gesehen dazu veranlasst, einen Kopf mit kurzem Hals zur Verkürzung des festen Halses für die kleinen Patienten und einen Kopf mit langem Hals zur Verlängerung für die großen Patienten zu implantieren.
Bei derartiger Verwendung wurde die durch die drei Köpfe entstandene variable Länge nicht mehr dem Ausgleich der verbleibenden Gelenkspannungsabstände zwischen den Versuchsprothesen und dem implantierten Schaft am Ende der Implantation vorbehalten. Diese Ausgleichsfunktion wurde zu früh verschwendet, um die Hälse konstanter Länge unterschiedlich variieren zu lassen.
Seitdem ich die Variation der Halslängen durch Wachstumsfaktoren entsprechend der Schaftgrößen eingeführt habe, sind die Halslängen statistisch an die Größe der Patienten angepasst. Es ist nicht mehr nötig, die unterschiedlichen Köpfe vorzeitig zum Ausgleich der konstanten Hälse zu verwenden. Die Funktion der Halslängenrekonstruktion muss durch die Schäfte herbeigeführt werden.
Zur Erfüllung ihrer realen Funktion müssen die in den Köpfen verfügbaren Halslängen dem Ausgleich der verbleibenden Positionierungsabstände vorbehalten werden.
In diesem Beispiel haben die Schafthälse und die Kopfhälse all ihre eigene Funktion.
2.9.4. Beispiel der Ausrichtung der Gelenkpfannen
Das typische Beispiel dieser Situation tritt auf, wenn man eine Gelenkpfanne aus zementiertem Polyethylen mit einer Gelenkpfanne mit Metallschale und Polyethyleninsert vergleicht.
Zur Verhinderung einer Luxation und zur Gewährleistung der Kopfdeckung werden die zementierten Gelenkpfannen häufig prinzipiell in einer Richtung implantiert, die sich von der Ausrichtung des natürlichen Azetabulums und der Ausrichtung, die die größte Befestigungsfläche der Gelenkpfanne gewährleistet hätte, unterscheidet. Diese Einstellung ist verständlich, da wenige zementierte Gelenkpfannen mit geneigtem oder asymmetrischem Eingang existieren. Im Fall der Implantation von Gelenkpfannen mit Metallschale und getrenntem Insert ist die vorbeugende Neigung der Schale zu bedauern, da die Fläche und die Befestigungsqualität der Schale im Azetabulum vermindert wird. Ein Teil der Metallschale kann manchmal überlappen und in Konflikt mit den weichen Teilen geraten.
Idealerweise soll ein geneigtes Insert verwendet werden, das eigens konzipiert wurde, um die Stabilität des Kopfes in einer anderen Richtung als der der Schale zu gewährleisten. Ist ein Antiluxations-Insert verfügbar, sollte man besser zuerst die Schale ausrichten, damit sie weitgehend mit dem Knochen in Berührung kommt, und sich erst danach um die Stabilität und Deckung des Kopfes durch korrektes Ausrichten des Inserts bemühen.
Bei diesem Beispiel muss die Schale zur korrekten Trennung der Funktionen der Bestandteile so ausgerichtet werden, um seine Funktion der Implantatsbefestigung voll zu erfüllen, während das geneigte Insert die Funktion der Kopfstabilisierung übernimmt.
2.9.5. Beispiel der Funktion der aufsteigenden Einschachtelung bei der Nachbildung der Gesamtknochenlänge
Dieser Abschnitt betrifft die Schäfte aus einem Guss, aber auch die Distalschäfte der Modularprothesen vor der Wahl des Proximalteils.
Die Eigenschaft der Aufsteigenden Einschachtelung ermöglicht im voraus die Höhenunterschiede zwischen zwei aufeinanderfolgenden Schaftgrößen im gleichen präparierten Knochenbett zu kennen.
Zum Erhalt einer zufriedenstellenden Stabilität kommt es häufig vor, dass ein Kopf mit extralangem oder gar speziell extralangem Hals verwendet wird, wobei es ausreichend gewesen wäre, in der gleichen Situation einen Schaft der nächsthöheren Größe mit einem Kopf mit kurzem oder mittlerem Hals zu implantieren. Zum Erhalt einer Zwischenhöhe kann ein zusätzlicher Raspelzyklus nützlich sein.
Das bei der Implantation des Schafts der nächsthöheren Größe erzielte Ergebnis bietet eine weitaus bessere globale Prothesenzuverlässigkeit als die Verwendung extralanger Hälse.
Der etwas längere Metallhals der folgenden Größe verschafft einen kleinen zusätzlichen Vorteil. Das Metall des Schafthalses und die konische Kupplung werden weniger beansprucht als bei einem Kopf mit extralangem Hals.
Keramikköpfe mit extralangem Hals existieren, benötigen aber eine zusätzliche Metallmuffe, die das Risiko erhöht.
Die Köpfe mit extralangem Hals erfordern einen „Rock“, der den Halsdurchmesser unter dem Kopf erheblich erhöht, indem 8 bis 12° Gesamtfederweg im Vergleich zu den Köpfen der Größen S, M und L verloren gehen.
Das Luxationsrisiko wird unnötig erhöht. Die Köpfe mit XL- und XXL-Hals sollten außerordentlichem Gebrauch vorbehalten sein.(6.2.2. mein Projekt Europäischer Norm, Seite 19, § 3.2.2.) Ist es nötig, den Oberschenkelknochen zu lateralisieren, müssen Schäfte mit lateralisiertem Hals, falls verfügbar, implantiert werden.
Bei diesem Beispiel besteht die Funktion der Aufsteigenden Einschachtelung darin, den Großteil der Gesamtknochenlänge zu liefern. Die Funktion der Standardköpfe besteht darin, die kleinen Abstände auszugleichen und die XL- und XXL-Hälse sind anderweitig unlösbaren Fällen vorbehalten, wie eine Reoperation mit eingesetztem Schaft.
2.9.6. Beispiel der extralangen Hälse und Proximalteile
Dieser Abschnitt betrifft die Modularprothesen und insbesondere die Modular-Plus-Schäfte.
In den Schaftsystemen, die ich konzipierte und die die Eigenschaft der Aufsteigenden Einschachtelung beinhalten, muss unbedingt die Distalschaftgröße gewählt werden, die den Erhalt der bestmöglichen Befestigung durch die Oberschenkelform, durch die noch vorhandenen Kortikaldiaphysendicken und zu einer besseren Erhaltung des Knochenkapitals ermöglicht.
Wenn man weiß, dass die Kupplungshöhe am Modularschaft durch Stufen erreicht werden kann, deren Abstand durch die Aufsteigende Einschachtelung (4.7.2.5.) vorhersehbar ist, muss man sich zum Zeitpunkt der Größenwahl des Distalschaftes praktisch nicht um die Endhöhe sorgen.
Bei der Vorbereitung muss man sich lediglich auf die ausreichende Länge des mit dem Spiralräumer korrigierten Markraums konzentrieren, indem man vor allem die Dicke des tragenden Kortikalknochens am Ende des Ausbohrens berücksichtigt. Das Ausbohren muss gemäß der Philosophie der Funktionstrennung für eine ideale Vorbereitung des Knochens und nicht zur Anpassung an eine Schaftgröße erfolgen.
Zur Wahl des Versuchsschafts, der zuerst getestet wird, genügt es, sich der bei der Planung bestimmten Größe zuzuwenden.
Zwei Proximalteilhöhen sind im Modular-Plus-System vorgesehen und das lange Proximalteil bringt die Kopfebene auf die Hälfte des durch auf zwei Verankerungsschäfte aufeinanderfolgender Größen montierte Standardproximalteile erhaltenen Abstands.

Mit ein paar zusätzlichen Ausbohrumdrehungen kann der Distalschaft ein wenig eingestoßen und jede Zwischengröße erreicht werden. In keinem Fall dürfen Köpfe mit XL- oder XXL-Hälsen spät diese Möglichkeiten ersetzen, denn bei den XL- und XXL-Hälsen besteht die Gefahr, dass die Kupplung des Proximalteils auf dem Distalteil zu stark beansprucht wird. In diesem System habe ich kein drittes noch höheres Proximalteil vorgesehen, da dies sinnlos wäre.
2.9.7. Beispiel der Antetorsion und der Modularproximalteile
Die gekrümmten Schäfte des Modularsystems müssen mit der Ausrichtung implantiert werden, die es ermöglicht, in idealer Weise der proximalen Krümmung des Oberschenkelknochens zu folgen, ohne in dieser Phase die Ausrichtung mit Antetorsion, die der Schaft natürlich annimmt, beeinflussen zu wollen. Die Ausrichtung mit Antetorsion der zusammengesetzten Prothese wird später mit dem auf 360° einstellbaren Proximalteil erreicht. Das Prinzip der Funktionstrennung wird eingehalten, der Schaft entspricht der proximalen Krümmung und das Proximalteil entspricht der Antetorsion.
2.9.8. Dieses Prinzip kann nicht mit den Oberschenkelschäften aus einem Guss für die Antetorsion erfüllt werden
Dieses Prinzip kann nicht mit den AlloClassic-Schäften, den SL-Plus-Schäften und den zementierten Schäften erfüllt werden, denn die korrekte Antetorsion des Halses kann nur erreicht werden, indem der gesamte Schaft in die berechnete Richtung orientiert wird. Die Verankerungszone der Schäfte befindet sich folglich nicht in der idealen Richtung zur besten Füllung des Markraums.
Bereits bei den Zweymüller-Schäften der ersten Generation mit rechtwinkligem abgeflachten Schnitt war bekannt, dass eine Antetorsion nahe Null die Implantation des größtmöglichen Schaftes ermöglichte. Durch eine Drehung des Halses von 20 auf 25° in Antetorsion ging statistisch gesehen eine Schaftgröße verloren.
In Folge dieser Überlegung entwickelte ich später (Ana.Nova-Projekt) gekrümmte Modularschäfte für Erstoperationen, die das Prinzip der Funktionstrennung der Bestandteile eines Implantats im höchsten Grad erfüllten.
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