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Die Geometrische Verankerung von Prothesen

2.11. Zur Thema der Osseointegration

2.11.1. Zusammenfassung

Wenn der Knochen seine gesamte VitalitĂ€t auf einer großen FlĂ€che erhalten hat und die Knochenzellen in direkten Kontakt mit der ImplantatsoberflĂ€che kommen, ohne dass dazwischen gelagertes Gewebe ĂŒbrig bleibt, ist die Osseointegration erreicht.

Die Osseointegration wird stark begĂŒnstigt, wenn bei der Implantatsentwicklung der StabilitĂ€t des Implantats, dem Fehlen von Mikrobewegungen, der Vorspannung des Knochens, der OberflĂ€chenmikrostruktur des Implantats, der BiokompatibilitĂ€t von Knochen und Material und vor allem der biochemischen Eignung der ImplantatsoberflĂ€che zur Osseointegration besondere Bedeutung beigemessen wurde.

2.11.2. Das Konzept der Osteointegration

Das Konzept der Osseointegration wurde von Felix LINTNER aus Wien ausfĂŒhrlich studiert und publiziert. Ich stimme diesem Konzept in allen Punkten zu und möchte Professor Lintner fĂŒr seine Arbeit danken.

Da ich keine Qualifikation in Biologie besitze, beschrÀnke ich mich im vorliegenden Dokument auf die Betrachtungen zur Osseointegration in Zusammenhang mit der Prothesenentwicklung.

Selbst wenn die festgelegten geometrischen und biomechanischen Bedingungen im Vorfeld erfĂŒllt werden konnten, gilt es bei der Prothesenentwicklung noch die biologischen Bedingungen zu erfĂŒllen, insbesondere die der BiokompatibilitĂ€t von Knochenzellen und chemischer Zusammensetzung der ImplantatsoberflĂ€chenschicht. Ohne auf frĂŒhere grĂŒndlichere Studien zurĂŒckgreifen zu wollen, und da meine AbschlĂŒsse in Kristallographie, Spektroskopie und chemischen Verbindungen an der Sorbonne bereits einige Jahrzehnten zurĂŒckliegen, möchte ich lediglich behaupten, dass die OberflĂ€chenmolekĂŒle „gleicher chemischer Natur“ wie der Kristallinbestandteil des Knochens sein mĂŒssen.

2.11.2.2. Zement ist mit der Osseointegration unvereinbar

ZusĂ€tzlich zum verfestigten und biochemisch neutralen Anteil des Polymethylmethacrylats unterbinden in unmittelbarer NĂ€he der VerbindungsflĂ€che von Knochen und Zement vorhandene RĂŒckstĂ€nde von nicht polymerisierten, selbst nach vielen Jahren noch gifthaltigen Mono-Methylmethacrylats beseitigen jede Möglichkeit zur Osteointegration. Die Frage der „gleichen chemischen Natur“ stellt sich daher erst gar nicht.

2.11.2.3. Reoperation ohne Zement nach zementiertem Schaft

Wegen dieser LangzeitgiftrĂŒckstĂ€nde kommt es bei unzementierten Prothesen, die als Ersatz fĂŒr eine entfernte zementierte Prothese eingesetzt wurden, voraussichtlich nicht zur Osteointegration.

Ich behaupte, dass lediglich die durch Geometrische Verankerung erzielte PrimĂ€rstabilitĂ€t diesen zementfreien Prothesen fĂŒr Reoperationen LangzeitstabilitĂ€t gewĂ€hrleistet. Die SLR-Plus Reoperationprothesenen, die ich 1992 mit dem Konzept der Geometrischen Verankerung entwickelte, belegen diese These.

2.11.2.4. Titan begĂŒnstigt die Osseointegration

Unbeschichtetes, jedoch mit einer durch Korundbestrahlen erzeugten Mikrostruktur ĂŒberzogenes Titan ist immerhin schon ein ausgezeichneter biochemischer Partner fĂŒr den Knochen.

Die Titanoxyd-Schicht von einigen Mikrometern, die sich spontan an der TitanoberflĂ€che des Schaftes bildet, erfĂŒllt nĂ€mlich bereits vollkommen die Bedingung der „gleichen chemischen Natur“.

Ich möchte daran erinnern, dass Titan, sobald es bearbeitet wird, nie blank bleibt, oxidiert, und der Knochen folglich nie mit Titan im Metallzustand in BerĂŒhrung kommt. Die Molekularstruktur der Titanoxydschicht ist mit der Struktur des Kristallinbestandteils des Knochens kompatibel.

2.11.2.5. Titan ist besser als Chrom oder Kobalt

Die Oxydschicht ĂŒber der TitanoberflĂ€che ist weniger gifthaltig als Schwermetalloxyde, die fĂŒr andere Prothesen verwendet werden.

Andere Metalle und Legierungen können spontan oder durch elektrochemische Behandlung von einer Passivierungsschicht ĂŒberzogen werden, ohne dass sich die Schichtmolekularstruktur mit der Osseointegration vereinbaren lĂ€sst.

Als Beispiel möchte ich lediglich rostfreien Stahl oder Legierungen mit Chrom und Kobalt anfĂŒgen, die jedoch sehr hĂ€ufig fĂŒr orthopĂ€dische Implantate verwendet werden. Die Schutzschicht an der OberflĂ€che dieser Metalle ist nicht von „gleicher chemischer Natur“ wie der Kristallinbestandteil des Knochens und es kommt folglich bei Prothesen mit diesen Legierungen nicht zur Osseointegration.

2.11.2.6. Hydroxyapatit bietet kurzfristige Vorteile

Andererseits bietet das Bedecken der TitanoberflÀche mit einer kristallinen Schicht wie Hydroxylapatit einen betrÀchtlichen kurzfristigen Vorteil, da die molekulare und mikroskopische Struktur a priori nÀher an der Knochenstruktur liegt. Der Langzeitnutzen ist nicht belegt. Sicher scheint, dass die Osseointegration dank einer kristallinen Beschichtung schneller einsetzt.

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NÀchste Kapitel: 3. Eigene Prothesenschöpfungsmethoden

AusfĂŒhrung: Die Methode der Wachstumsfaktoren

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